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Von Kish nach Bander-e-Lenghe

Hafen der Insel Kish, 6:00 Uhr morgens. Geschätzte 35° Celsius. Endloses Warten auf die Überfahrt zum iranischen Festland. Eine Halle, die sich immer mehr füllt. Immer längere Schlangen von Gepäckwagen, auf denen sich die Mitbringsel all jener türmen, die den Persischen Golf in die andere Richtung queren wollen: japanische Elektronik vom Satellitenreceiver bis zum Staubsauger auf ihrem Weg nach Dubai. Auf meiner Seite kompletter Stillstand. Die Abflugzeit der wöchentlichen Maschine nach Teheran auf der Festlandseite nähert sich bedenklich und mein Visum wird immer noch geprüft.

Irgendwie muss sie meine Gedanken erraten haben. Ihr Lächeln fiel mir vorher schon auf, aber längst hatte ich es vergessen. Doch jetzt erbarmt sie sich, kommt, um zu helfen, zu sagen, was ich tun solle.

Kein Zweifel, Persisch ist eine wunderbare Sprache, mein Englisch versteht sie aber leider ebenso wenig. Hilflose Gesten, doch nur für einen kleinen Moment weicht ihr Lachen der Resignation. Eine Stunde später sind wir alle vereint im selben Boot: sie, ihre Schwester, ihre Mutter, mein
Begleiter, zwei weitere Iraner und ich und allmählich werden wir nass von der Gischt. 23 Jahre alt ist sie, auf dem Rückweg ins märchenhaft schöne Shiraz und von einem feenhaften Zauber, den sie mit ihrem charmanten Lächeln beständig auf mich richtet. Ich vergesse, dass mir eigentlich die ganze Zeit kotzübel ist .
Die Unterhaltung wird lebhafter, auch die anderen nehmen mich ins Visier, sie lachen herzhaft aber freundlich. Plötzlich nimmt der Wind ihr buntes Kopftuch und weht es ins Meer. Eine bildhübsche Frau mit entblößtem Haar in diesem Land! Das Boot wird gewendet, das Tuch gerettet und nichts Unerhörtes ist geschehen. Ich könne sie zur Ehefrau haben, hatte die Mutter entschieden und allen mitgeteilt, nach nichts weiter als einem Blick in meine Augen.

Das Flugzeug ist weg, Geld ist keines mehr übrig, überall ist Wüste. Sie ist längst in die andere Richtung verschwunden. Doch dann lächelt sie wieder: Jemand hat uns Geld gegen ein Pfand geliehen, das uns von diesem unwirklichen Ort wegbringt.

Wieder einmal. Doch noch war es nicht zu spät. Irgendwie würde ich sie zeichnen, vermessen, einfach festhalten und endlich besitzen. Wenigstens als Idee. weiter